Bis 2022 will die DB Group 80% ihrer Anwendungen auf eine rechtskonforme Cloud Architektur von Amazon Web Services (AWS) migrieren und damit zukünftig ohne eigenes Rechenzentrum auskommen. Dadurch sollen langfristig erheblich Kosten eingespart, das Kundenerlebnis der Bahnkunden verbessert und die IT-Sicherheit durch einheitliche, unternehmensweite Standardisierung und moderne IT-Infrastruktur erhöht werden. Doch der Schritt in die Cloud ist längst nicht mehr nur eine neue, aufrührerische Idee in der IT-Abteilung des Bahn-Konzerns. Bereits im Oktober 2015 wurden die Vertragsverhandlungen zwischen DB Systel und AWS erfolgreich abgeschlossen, wodurch Anfang 2016 die ersten Applikationen in die Cloud ausgelagert werden konnten.
Die DB Enterprise Cloud: Der Schritt in eine modere IT-Infrastruktur
Die Deutsche Bahn Group zählt mit einem Umsatz von 40,6 Milliarden Euro im Jahr 2016 und 450 Tochterunternehmen zu den führenden Transportdienstleistern weltweit. DB Systel, eines dieser Tochterunternehmen, ist für die gesamten IT- und Telekommunikationsservices der Gruppe verantwortlich. Hierzu zählt ein breites Angebot: Vom Help-Desk über den Ticketverkauf bis zum Netzwerk der DB Group, welches die Bahnstationen und Niederlassungen verbindet.
Die steigende Nachfrage nach Software as a Service (SaaS) in den vergangenen Jahren und die damit einhergehende Entwicklung von sogenannter „Schatten IT“ in vielen Teilen des Konzerns, führte schließlich zur strategischen Umorientierung hin zur Cloud-first-Strategie. Auch die Geschwindigkeit in der täglich neue digitale Innovationen in den Markt eingeführt werden, stellt eine Herausforderung für die firmeneigenen Softwareentwickler dar. Viele Tools können zwar intern nachgebaut werden, doch dies hält den Innovationsprozess und die Reaktionsgeschwindigkeit des Unternehmens gravierend auf und ist mit riesigen Investments verbunden.
Die Lösung dieser Probleme war die Einführung der DB Enterprise Cloud, einer Sonderform der Cloud, welche auf der offenen Infrastruktur des Dienstleisters AWS eine durch Zugriffsbeschränkungen gesondert geschützte Virtual Private Cloud nutzt. Damit werden die gleichen Eigenschaften wie in einer Private Cloud geboten, jedoch auf der Infrastruktur von AWS mit entsprechender Geschwindigkeit und Agilität. Im Zuge der „Cloudifizierung“ werden viele Services wie moderne Bezahldienste schnell und unter Einhaltung sämtlicher Richtlinien zugänglich gemacht. Die firmeninterne IT-Abteilung ist nun nur für das Erstellen der notwendigen API anstelle des gesamten Services zuständig.
Sicherheit in der Cloud: Was passiert mit den Daten?
Nicht nur extern, auch intern traf diese strategische Entscheidung nicht nur auf Beifall. Doch in den meisten Fällen haben die technisch begründeten Vorbehalte gegenüber der Cloud eher emotionale Hintergründe. Die technologische Umsetzung der Cloud-first-Strategie war verglichen mit den Anstrengungen ein Umdenken in der Einstellung der Mitarbeiter und Kunden bezüglich der Cloud zu erreichen, recht einfach zu handhaben.
Vor allem die Themen Sicherheit und Datenschutz werden auf Seiten der Kunden kritisch hinterfragt. Die Deutsche Bahn ist sich seiner Verantwortung diesbezüglich im Klaren. Die logische Konsequenz war neben der speziellen Architektur der DB Enterprise Cloud ausschließlich Rechenzentren in Deutschland, wie beispielsweise in Frankfurt, zu wählen, um höchste Sicherheit auf den geltenden Datenschutzbestimmungen zu gewährleisten. Darüberhinaus hat der Umzug in die Cloud dem Fortbestand der gefährliche „Schatten IT“ entgegengewirkt. Zentralisierte, standardisierte Regelungen zum Umgang mit sensiblen Daten sowie kontrollierbare Zugangsrechte haben das Risikoniveau hinsichtlich des Datenschutzes bereits auf ein weitaus niedrigeres Level gesenkt.
Wir stellen technologisch sicher, dass die Compliance eingehalten wird.Gerald Hofer
Geschäftsführer Operations bei DB Systel GmbH
Weiterer Schutz und Flexibilität wird durch das Kombinieren verschiedener Software Anbieter nach dem „Best of Breed“ Prinzip geschaffen. Dadurch wird das Optimum aus den verschiedenen Diensten geschöpft und gleichzeitig das Problem des Vendor-Lock-in, also das in voller Tiefe an einen Anbieter Gebundensein, vermieden.
Erfolge: Flexibilität, Kostenersparnisse und Geschwindigkeit
Das Anwendungsszenario in der Cloud ist für die Deutsche Bahn besonders reizvoll, da tagsüber eine weitaus höhere Leistung der Rechenzentren verlangt wird als nachts. Geringer und starker Kapazitätsbedarf steht durch die Standardisierungs- und Skalierungsmöglichkeit der hochautomatisierten Cloud-Server flexibel zur Verfügung. Damit bietet diese Lösung eine agilere, günstigere Alternative, welche perfekt auf die zeitlich variierenden Bedürfnisse der Gruppe zugeschnitten ist. Das Unternehmen rechnet trotz der kostenintensiven Umstrukturierung in die Cloud mit Ersparnissen im dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr durch Kapital- und Betriebskostenersparnisse von 15 bis 30% gegenüber einer unternehmenseigenen Rechenzentrumumgebung.
Der Vorteil der Cloud: nur die benötigte Leistung im Sekunden- oder Minutentakt abrufen und bezahlen.Gerald Hofer
Geschäftsführer Operations bei DB Systel GmbH
Ein weiterer Erfolg, den die Zusammenarbeit mit AWS herbeigeführt hat, kann am Beispiel der Überwachung der unternehmensbetriebenen Rolltreppen in den Bahnhöfen gesehen werden. Früher konnten Probleme in der Funktionsfähigkeit nur schwer festgestellt werden und blieben oft wochenlang unbemerkt. AWS IoT Technologie in Kombination mit Sensoren in den Rolltreppen bieten dem Wartungspersonal der DB Group nun die Möglichkeit, Störungen in Echtzeit zu überwachen. Zudem werden die Innovationsmentalität des Unternehmens und damit die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Dienstleistern durch die neuen Möglichkeiten dieser digitalen Transformation unterstützt. Die Nutzung von kognitiver Spracherkennung in Helpdesk Umgebungen werden bereits in Experimenten getestet und versprechen zukunftsorientierten Kundenservice.
Der Schritt in die Cloud bietet entscheidende Vorteile für den deutschen Konzern. Nicht nur Kostenersparnisse in Millionenhöhe und Verbesserungen hinsichtlich des Datenschutzes durch eine moderne IT-Infrastrukture bestätigen dies. Viel entscheidender ist die Tatsache, dass durch diese strategische Veränderung die Grundlage der Digitalisierung und damit der Weg in eine erfolgreiche, wettbewerbsfähige und innovationsgetriebene Zukunft geebnet wurde.
Quellen: heise, WELT, digital sprint